BudaInside (2)

Inside Budapest – Abrissfeeling oder Ballermannniveau?

Budapest zwischen Sehenswürdigkeit und Abrissfeeling und Kneipenkultur. Aufbruchstimmung meets Abrissfeeling oder Ballermannniveau? Vom kommunistischen Graustaat zum Mainstream mit In-Status? Voll übertrieben, wie ich finde. Diesen Aufbruch-Spirit, den wir vor einiger Zeit in Tel Aviv (Israel) erlebt haben, hat Budapest deshalb ganz sicher noch lange nicht.

Normalos scheint man hier eher nicht mehr so häufig anzutreffen. Eher fühle ich mich teilweise ein wenig wie am Ballermann, wenn ich, besonders Samstagsnacht, die vielen und ordentlich grölenden Engländer in den Pubs oder dem so hoch gelobten Szimpla Kert, eine der „Top Locations“ und sogenannten Ruinen-Bars begegnen muss.

Budapest – zwischen Sehenswürdigkeit, Abrissfeeling und Kneipenkultur

Ja, vier ungarische Studenten haben das Haus für´jeh ne Million Ungarische Forint (umgerechnet sollen es ca. 13.500,-€ sein) gekauft und es so vor dem Abriss gerettet haben. Und ja, der Laden ist auch riesen groß und in verschiedenen Zimmern sind im old-style ein Haufen Tresen untergebracht. Nach Trash sieht das Ganze eher nicht aus.

Das mittlerweile unter Denkmalschutz gestellte Haus hat teils schöne und ausrangierte, alte Möbel, zum anderem Fahrräder und andere Gestelle (eher) in dieses Abrissfeeling mit eingearbeitet, was die künstlerischen Fähigkeiten der Studis hervorhebt. Schließlich haben sie anfangs nur das nehmen können, was sie kriegen konnten.

Aber trotzdem habe ich das dort nicht lange ausgehalten und musste wechseln, weil es einfach zu voll und eng wurde. Außerdem habe ich sowas nicht das erste Mal gesehen, sodass ich nicht sagen müsste; ´wow, ich glaube es nicht`. Nein. Es ist ok, aber mehr eben nicht.

Naja, zum Glück – ich kann immer noch ausweichen und daher schlage ich die REISEFÜHRER zu, erkunde auf eigene Faust den Rest der Stadt! Gerade ging das Kurzfilmfestival, hier, gleich um die Ecke von meinem Hotel, in einem der schönsten Kinos der City, dem Puskin Mozi (in der Kossuth Lajos u. 18) zu Ende. Das hat noch echt so diesen alten Muffelscharm, der zu sozialistischen Zeiten geherrscht hat. Hier scheint noch das Publikum mit einer ehrlichen Dankbarkeit jeden Streifen anzunehmen, der gezeigt wird.

Und das in Zeiten der Streamingdienste! Dazu kommt, dass der Saal, mit seinen verschnorkelten Decken und alten Lampen, einfach eine optische Wucht ist.

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Hat ein ganz klein wenig Pariser Flear: PREMIER Kultcafé

Bücher-Paradies Budapest. Hier hat man ein ganz klein wenig Pariser Flear: PREMIER Kultcafé. 

Kultur bleibt Kultur

Passend dazu habe ich ein Bücher-Kaffee, das PREMIER Kultcafé entdeckt, das top renoviert gleich gegenüber dem allseits bekannten Merylin Night (Strip) Club liegt und teilweise behinderte Menschen als Personal bedienen lässt. Es richt wirklich nach beidem gleichzeitig; nach Café und leicht muffigem Papier. Aber nur, wenn die Türen geschlossen sind. In einem Niedrigregal stehen immer noch alte Schinken zur Schau und natürlich griffbereit, die aber kaum noch jemand anrühren oder lesen mag.

Auf dem Tresen steht noch ein altes Telefon in schwarz und mit Wählscheibe, was sogar noch funktionieren könnte. Wenn jemand dort, bis Ende der 80-er Jahre war das so, einen Anruf erwartete, traf man sich hier. Die Bedienung nahm den Hörer ab, wenn das Ding ringelte und musste dann Vermittlerin spielen: „Pavel, das ist für dich…“. Schließlich kannte und vertraute man sich, auch wenn die Stasi überall ihre Lauscher hatte. Grund der Gelage war außerdem; kaum einer hatte damals ein Telefon Zuhause. Das musste bestellt, von der Staatsmacht genehmigt, dann angeschlossen werden…

Behindertengerecht umgebaut schließt sich hier sogleich ein „Kino“ an, indem die Rollis ohne Barrieren rein können, um tolle Filme zu schauen.

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Eine der "Hummusbars" in Barcelona, die als ein Franchise-Unternehmen geführt wird...

Eine der „Hummusbars“ in Budapest, die als ein Franchise-Unternehmen geführt wird…

Zur Aufbruchstimmung der letzten zehn Jahre

…gehört mit Sicherheit das Fraichise-Unternehmen „Hummusbar„. In einer der Filialen, mitten in der City Budapests, durfte ich eine Auswahl an frischen Salaten und Hummus testen, dabei die Geschichte des Erfinders sehen und hören. Zwar war ich nur in einer der Filialen, aber der Spirit des Erfindergeistes packte mich, nur von der Erzählung her, total.

So, wie es in Deutschland vielen erging, machte es auch dieser Mann – er begann mit einem kleinen Anhänger, verkaufte aus diesem jahrelang den Hummus in verschiedenen Kreationen, bis er endlich das erste Geschäft wagte. Durch den Erfolg gibt es mittlerweile die 13! Ausgabe in der Stadt. Was mich daran beeindruckt, ist, dass einer der Lebensmitteldesigner sogar hinterm Tresen jeden Song während der Arbeit mitsingt. Außerdem ist diese Freundlichkeit und Bereitschaft mit mir zusammenzuarbeiten Bestandteil der Firmenphilosophie. Dazu kommt diese unschlagbare Frische der Zutaten, mit der gearbeitet wird. Beim Schreiben dieser Worte läuft mir schon wieder das Wasser im Munde zusammen…

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Im Mazel Tov heißt es - anstehen...

Im Mazel Tov heißt es – anstehen, wer nicht vor 20:00 da war…

Ein optisches Highlight ist

…das Mazel Tov im Jüdischen Viertel. Hier heißt es – ab 20:00 anstehen! Denn dann geht nichts mehr, sogar am Montagabend nicht. Die Küche kommt eher aus dem Nah-Osten und bringt viel Hummus und Falafel mit sich. Das Preisniveau ist noch gerade so ok und überwiegend natürlich touristischen Besucher vorenthalten. Für um die 10,-€ kann man da z. B. schon was Kleines vom Grill bekommen. Das Sehenswerte daran ist die Location, die besonders von außen diesen pech-grau-schwarzen Kommunisten-Touch mit sich bringt, im Inneren jedoch mit hellen und ansprechendem Ambiente glänzt. Das Design wurde von „terv81“ kreiert.

Gleich „um die Ecke“, ein mega „Geheimtipp“, so will ich es mal nennen, ist das Frici Papa Kifozdéje in der Király u. Die Straße muss mann schon ein wenig durchlaufen, um das Restaurant zu finden, welches mit dem einheimischen Touch genau das ist, was ich gesucht habe. Neue Stühle treffen auf altmodische Tischdecken und die groß angemalten Bilder unter den Wandbögen erinnern an uralte Zeiten.

Das Essen ist echt klasse, geht schnell und ist verdammt lecker. Ich habe mal auf die Schnelle einen Pancake with cottage cheese and vanilla souce für 1,60-€ bestellt. Ein echter Genuss. Die knalligen Hauptgerichte liegen so bei 2-3-€. Das ist doch mal ne super Hausmarke! Außerdem sind hier noch einige ungarische Gerichte zu haben, wie der Erbsen- und Spinateintopf, welcher traditionell noch hochgehalten wird…
Ab 19:00 Uhr sind keine Plätze mehr zu haben und es heißt auch hier; anstehen, bitte…

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In der Metro sollte man ohne Ticket nicht einsteigen!

Safety first! Station OKTOGON. In die Metro sollte man ohne Ticket nicht einsteigen!

Budapest zwischen Sehenswürdigkeit, Abrissfeeling und Kneipenkultur. Wer nicht zu Fuß, so wie ich, die ganzen Meilen ablaufen möchte, hat die Möglichkeit, den Bus, die Straßenbahn oder Metro zu nehmen. Letztere sieht aus, wie ein cubanisches Museum. Echt irre. Da es oftmals vorkommen kann, dass der Fahrkartenautomat auf der Straße nicht funktioniert, muss beim Personal ein Ticket gekauft werden. Achtung: Kontrollen sind immer unterwegs!

Außerhalb der Touri-Meilen ist kein Mensch auf den Straßen zu sehen, was ich sehr schade finde. Ich hätte gerne mal etwas mehr mit den Einheimischen kontaktet.