Schauspielerin Ines Nieri

Theater-Küsse mit Abstand – Im Corona-Talk mit Ines Nieri

Theater-Küsse mit Abstand – Im Corona-Talk mit Schauspielerin Ines Nieri.
Theater unter anderen Bedingungen – Im Lockdown-Talk mit Schauspielerin INES NIERI. Die Halb-Peruanerin ist seit 23 Jahren im Geschäft, spielte schon bei den Pfefferkörnern mit und plaudert mit mir (zu „TYLL“ von Daniel Kehlmann) über den Lockdown, Bühnen-Küsse unter Corona-Regeln und ob es eine verdammt hart zu spielende Rolle in ihrer Karriere gab, die sie zu sehr forderte.

13. Februar 2021: TouchYou.de: Hast Du Dich nicht auch, wie viele Andere während des Lockdown, vor dem TV mit irgendwelchen Streaming-Diensten verkrochen?

Ines Nieri: „Nein, ich sehe tatsächlich nicht allzu viel Fernsehen.“

Abstand, bitte. Sven Walser, Mignon Reme, Schauspielerin Ines Nieri als NELE in TYLL. Theater-Küsse können so gespielt werden…

Mit Schauspielerin Ines Nieri im Corona-Talk

T.Y.: Wie hast Du die Lockdown-Zeit bisher überstanden?

I.N.: „Während des ersten Lockdowns habe ich mich auf TYLL vorbereitet. Habe mir zusätzlich ein Laufband gekauft um mich fit zu halten. Am 20. August sind wir damit im Ernst Deutsch Theater zur Saisoneröffnung rausgekommen und haben es bis Ende September spielen können, was ein großes Geschenk war. Ich bin Nele, die zur Gauklergruppe gehört. Meine tollen Kollegen wie Rune Jürgensen als junger TYLL und Sven Walser als Erwachsener, verkörperten jeweils ein und dieselbe Figur, und zwar in der Altersspanne zwischen zwölf und 40 Jahren.
Kurz danach kam der zweite Lockdown. Unsere Produktion ”Die Mitschuldigen”, eine Beziehungskomödie von Goethe, (in der Regie von Wolf Dietrich Sprenger) ebenfalls am Ernst Deutsch Theater, musste leider eingefroren werden. Das war natürlich sehr schade aber unumgänglich.“

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Schauspielerin Ines Nieri und Jonas Minthe in dem Stück 1984, in das sie kurzfristig einsprang. Foto: Oliver Fantitsch. 

TY.: Dann ist diese Zeit sicher nicht leicht. Was hast Du denn letztes Jahr noch nach dem ersten Lockdown spielen können?

I. N.: „Zu Corona-Weihnachten gab es zum Beispiel den Literarischen Adventskalender von Sven Walser für das Ernst Deutsch Theater. Jeden Tag hat ein anderer Kollege gelesen, der auf eine Art mit diesem Haus verbunden ist. Ich habe ”Ñus, Pepper & die Mauer“ von Antonio Bucak vorgetragen. Es war der verstorbene beste Freund meines Vaters. Damit hatte ich die Chance, ihm seinen letzten Wunsch zu erfüllen: Sein Kinderbuch nach Außen zu tragen.“

Axel Pätz, Schauspielerin Ines Nieri und Rune Jürgensen in TYLL. Foto: Oliver Fantitsch. 

T.Y.: Wie ist es möglich, unter diesen neuen Bedingungen Liebesszenen zu spielen?

I.N.: „Szenen-Küsse sind auf Abstand oder anders kreativ gelöst möglich. Das ist ja das Schöne: Theater macht alles möglich. Alle wurden auf 1,50 Meter-Regeln und auf das Hygienekonzept vorbereitet. Diese Bedingungen waren ein Muss. Das Publikum hatte diese Änderungen nicht irritiert und auch nicht wirklich wahrgenommen. Erik Schäffler hat tolle Bilder für alle Situationen gefunden.“

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Mignon RemeInes Nieri als NELE und Sven Walser in TYLL

T.Y.: Wie sehr beeinträchtigt das Spielen unter dieser Pandemie?

I.N: „Im Prinzip gar nicht. Die Magie des Theaters bleibt. Egal, wie viele Bedingungen dazu kommen. In den Bewegungen darf man sich eben nicht zu nahe kommen, hinter der Bühne wird eine Maske getragen und desinfiziert. In wenigen Tagen hatten wir uns daran gewöhnt und dann ging es gut. Trotz oder grade deswegen hat alles gestimmt. Die Arbeit war (unter anderem) eine der schönsten überhaupt.“

Ines Nieri und Frank Jordan spielen in TYLL.  Foto: Oliver Fantitsch.

T.Y.: Du liebst deinen Job, spieltest z. B. die Tochter von Anna Loos in “Der Mistkerl“ oder auf der Bühne in »1984.« Wie intensiv tauchst Du in jede zu spielende Figur ein?

I.N.: „Man kann das nicht pauschalisieren. Jede Rolle ist anders und erfordert eine individuelle Art an Handlung. Ich bereite mich jedes Mal anders vor. Es ergibt sich zudem noch vieles aus der Arbeit heraus, auf den Brettern, die immer wieder eine neue, eigene Welt bedeuten. Das Handwerk wird auf der Schauspielschule gelehrt und mit dem Werkzeugkasten gehst du raus, um ihn zu benutzen. Den Rest lernst du dann bei der Arbeit. Vieles kann mit der Zeit auch routinierter laufen, trotzdem fängst du mit jeder zu spielender Rolle neu an zu kreieren. In »1984«, unter der Regie von Elias Perrig, hatte ich nur zwei Proben Zeit, da ich spontan eingesprungen bin. Dennoch war es eine sehr intensive Arbeit und Produktion, die mir im Herzen hängen geblieben ist. Es war ebenfalls eine der schönsten.“

T.Y.: Ich möchte nachhaken: Was war am Härtesten auf die Bühne zu bringen?

I.N.: „Das kann so nicht festgemacht werden. Ich habe einen Tunnelblick, wenn ich alles gebe und denke an nichts anderes, als den Moment meiner Rolle. Wichtig ist es für mich nicht abzuschwächen, sondern zu versuchen, sich jeden Tag zu steigern, noch präziser zu sein, als in den Vorstellung davor. Das gilt für mich sowohl am Theater, als auch am Set. Ich ruhe mich nicht aus, wenn etwas gut gelaufen ist.“