Anna Depenbusch – Das Interview zum Album ECHTZEIT von 2020
Anna Depenbusch – Das Interview zum Album ECHTZEIT von 2020. Nach der Pandemie gibt sie wieder Konzerte, musste allerdings das in der Elbfie absagen lassen – Anna Depenbusch hat jetzt ihr (eigentlich) siebtes Album ECHTZEIT veröffentlicht, welches komplett nur aus Gesang (ihrer Stimme) und einem Piano besteht. 2005 produzierte die Hamburgerin ihr erstes Album in Deutsch, letztes Jahr gründete sie ihr eigenes Label, trennte sich zuvor von Sony und spielte schon in der ausverkauften Elbphilharmonie.
TouchYou.de traf die Musikerin zum Talk zum Release von ECHTZEIT.
TouchYou.de: Dein neues Album wurde in einem neu-altem Verfahren aufgenommen…? In Zeiten von Streaming gehst Du einen Schritt „zurück“, einen anderen Weg…?
Anna Depenbusch: „Es gibt in Berlin ein Studio, was nach Emil Berliner benannt wurde, der das Grammophon erfunden hat. Dort kann man in einem Vinyl-Direkt-verfahren auf Lackfolie aufnehmen lassen, was heißt, dass das Album am Stück aufgenommen wird. Ich habe es mit Publikum gemacht, weil ich aktuelle Spielpartner hatte. Aber, es ist eine offizielle Studioaufnahme, nicht mit Applause und auch kein Live-Mitschnitt.“
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TY.: Vinyl kommt ja grade wieder zurück. Was ist das Tolle an der Schallplatte?
A D: „Es ist eine Momentaufnahme, du kannst nicht korrigieren, ohne Wenn und Aber. Es ist, wie eine echte Schallplatte zu produzieren – zwei Seiten, die am Stück aufgenommen werden, zwei Mal 18 Minuten. Wenn du dich verspielst, dann ist das mit drauf…“
TY.: Genau das finde ich sehr sympathisch, denn Perfektion langweilt mich zu Tode…!
A. D.: „Unbedingt, mir ergeht´s genauso. An diese glatten Oberflächen lässt sich gar nicht(s) andocken. Diese deutschsprachige Popmusik klingt fast sehr ähnlich, perfekt. Das kann auch ´nen Scharm haben, aber mich reicht jetzt gerade bei ECHTZEIT die Echtzeit, der Augenblick, das Im Moment Sein, nicht permanent, korrigiert und ausgebessert.“
TY.: Schätze ich das richtig ein, dass Du überwiegend unpolitisch bist
A. D.: „Das sehe ich anders. Sicher spreche ich keine Sachen politisch aus. Aber es gibt den „Astronaut„, welches von Menschen handelt, die sich auf ´ne höhere Sphäre schießen, von dort die beste Aussicht zu haben scheinen und denken, sie können machen, was sie wollen. Ich fühle mich da immer wieder erinnert an Figuren der Politik. Dann gibt es das Lied „Heimat“, was auch damit ringt und fragt, was das ist. Die Liebe ist ein Thema, was nie ausgeht. Dabei geht es nicht immer um Beziehung, sondern um Freundschaft, Freude und so weiter. Außerdem ist dabei viel Platz, damit der Zuhörer viel selbst hineininterpretieren kann. Genau das versuche ich aus der Musik herauszukitzeln.“
TY.: Seitdem das Klavier dein „Begleiter“ ist, soll dein musikalischer Durchbruch erst richtig geglückt sein…?
A. D.: „Das kann gut sein. Was für mich das Klavier bedeutet, ist eine wahnsinnige Freiheit für meine Stimme. Das erste Mal saß ich ja bei Ina Müller, bei „Inas Nacht“ am Klavier. Das war gefühlt mein musikalischer Startschuss.“
TY.: Erkläre bitte deine „Hass-Liebe“ zu deinem Instrument Nr. Eins, das Klavier.
A. D.: „Mein erstes Instrument ist meine Stimme! Ich bin Sängerin und keine Pianistin. Ich begleite mich am Klavier und versuche damit den Teppich auszurollen, damit sie sich frei bewegen kann. Und somit ist das Klavier immer eine Begleitung und Herausforderung. Es ist schwer, groß und einschüchternd. Ich habe gelernt es für mich zu bändigen. “
TY.: Gibt es Locations, die Du wegen deines Anspruches an die Musik nicht bespielen würdest?
A. D: „Ja, davon abgesehen, dass ich drei Mal in der Elphie gespielt habe, gibt es eine Regelung, dass es Räume sein müssen, die auf Klang und Atmo gebaut sind. Wenn hier einmal der Strom ausfällt, dann geht es weiter, weil auch ohne Anlage voll akustisch bespielt werden kann. Auch in den letzten und oberen Reihen ist jedes Wort ohne Mikro zu verstehen. Dafür ist der gebaut. In der Hamburger Sporthalle hörst Du nichts mehr, wenn der Saft weg ist. Theater und Opernhäuser, das sind die Räume, nach denen ich deshalb eher suche…“
TY: Der Song Eisvogelfrau wird warum einer Emmy gewidmet…
A. D.: „Sie heißt Emmy Nöter, deren Lebensgeschichte mich sehr begeisterte. Diese Lichtgestalt zu der Zeit der Mathematik, in der auch Einsteins Relativitäts-Theorie entstanden, sie hat an mathematischen Formulierungen mitgesteuert und sie wurde nie anerkannt. Mich berühren solche Geschichten sehr, weil es Einzelschicksale sind, die man nachempfinden kann. Hier, in der Stadt, kann man diese Eisvögel schillernd-einsamen Lichtgestalten beobachten. Das passte so sehr. Darum habe ich diesen Vergleich gewählt.“
TY: Im März 2020 ist das Album releast worden. Wie lange habt ihr dran gearbeitet?
A. D.: „Die ganz intensive Zeit war ein dreiviertel Jahr. In einer Testphase im Oktober, in der wir das alte/neue Vinyl-Verfahren kennengelernt haben, da haben wir das Video für die Eisvogelfrau aufgenommen, begann schon der Prozess…“