La Passione

La Passione – Eine kuriose Generalprobe, die erstaunte

Anstrengend, eigen, zu bestaunen – Was für eine Performance! Wenn Lüftungsanlagen und Bohrmaschinen laut hinter der seitlichen Absperrung die (fast) ausverkaufte Generalprobe zu Bach´s La Passione stören und der Dirigent daraufhin immer mal wieder seine Vorführung unterbrechen muss, dann wird die Halle für aktuelle Kunst in den Deichtorhallen neu eröffnet. 

Die ganze Location ist weiß gehalten, auch die Musiker und Solisten, sowie die Sänger kommen in dieser Farbe, wie monoton einstudiert, auf die Bühne. Bevor diese unterhaltsamen drei Stunden beginnen, wird durch das Mikrofon darauf hingewiesen, das diese, wie oben beschriebenen ungeplanten Unterbrechen, sein können. Denn ohne Pause wird hier knallhart durchgezogen.

Kurios, spektakulär und verrückt! Diese Bilder bekam ich nicht mehr aus meinem Kopf. Darum großes Kompliment an Romeo Castellucci, der das Konzept entwarf, die Inszenierung plante, die Bühne besetzte, Kostüme bestimmte und das Licht so einfach hell einsetzte, dass La Passione ein mit hochgehaltenem und gleichbleibend gutem Niveau spannendes Erlebnis wurde. Eine komplett neue Darbietung erwartete uns und die Besucher: Ein umgekippter Bus, ein blutendes Schaf werden aufgefahren, zwei kämpfende Ringer, ein in Dessous auftauchendes Model, welches sich in ein Mumiengrab einpacken lässt, ein Baum, der unter den Augen zweier Polizisten zerrupft wird… In 18 Akten und mit mehreren Statisten wird die Kreuzigung Jesu in den Mittelpunkt gerückt. Ca. 10 Protagonisten hängen sich, jeder einzeln der Reihe nach und so lange sie können, an die herunter gelassene Stange und simulieren den an das Kreuz genagelte Christu. Eine 84-jährige hält sich sogar länger als 10 Sekunden in der Luft. Später zieht einer der auf die Bühne kommende Mann seine abnehmbaren Beinprothesen aus und humpelt mit angesetzten Stuppeln, jetzt in um einen Meter geschrumpften Körpergröße, von dieser herunter.

Zu sehen gab es auf der Generalprobe also genug. Zwar war die Luft gegen Ende der Vorstellung auf den hinteren Rängen immer schlechter zu ertragen und kopfschmerzverdächtig, denn die 3 (unendlichen) Stunden vergingen nicht wie im Fluge. Trotzdem – so eine abwechslungsreiche und auf die heutige Zeit angepasste Vorstellung zu einem jahrhundertealtem Thema verdient eine besondere Erwähnung. Auch die heutige Premiere ist schon ausverkauft.

Fotografieren durfte irgendwie keiner, jeder tat´s trotzdem getan. Auch wenn das Personal durch die Ränge wanderte, scheiterten sie mit dem Versuch, das zu unterbinden. Im Vorfelde war davon ja auch nichts bekannt. Also wurde fröhlich mit IPad´s gefilmt und die besten Szenen festgehalten.

Ein wenig zu lange Inszenierung. Unerträglich wäre sie geworden, wenn auf der Bühne gar nichts, außer des spielenden Orchesters aufgefahren worden wäre. Die Augen offen halten, um mitzubekommen, was da gerade passierte und warum. Wow! Die Kulisse lebte und deshalb konnte ich nicht einschlafen, wie es mir z.B. bei den Musical-Premieren „Dirty Dancing“ und „Titanic“ erging, welche später relativ schnell abgesoffen sind! 

La Passione
Halle für aktuelle Kunst
23. und 24. Aprill
noch Tickets erhältlich